Die Blutgerinnung (Hämostase) ist ein lebenswichtiger Prozess, der Blutungen stoppt, die durch Verletzungen von Blutgefäßen verursacht werden. Zudem ist die Blutgerinnung eng mit der Entstehung von Entzündungsprozessen und den Funktionen des Immunsystems verknüpft. Aktuelle Studien haben gezeigt, dass die Blutgerinnung auch bei einer Reihe von Erkrankungen eine Rolle spielt, die nicht direkt mit klinischen Blutungs- oder Thromboseereignissen in Verbindung stehen. Dies hat die Blutgerinnung in den letzten Jahren in den Fokus von interdisziplinären Forschungsprojekten gerückt ist.
Das vom FWF geförderte Projekt mit dem Titel "Tissue-Faktor-Aktivierung durch Gallensäuren in Hepatozyten" steht unter der Leitung von Axel Schlagenhauf und erforscht die Aktivierung der Blutgerinnung innerhalb der Leber bei Störungen des Gallenflusses. Somit befindet sich das Projekt an der Schnittstelle von Hämostaseologie und Hepatologie.
Die Leber spielt eine entscheidende Rolle bei der Aufrechterhaltung einer funktionellen Blutgerinnung. Leberzellen produzieren eine Vielzahl von Gerinnungsfaktoren, die in den Blutkreislauf abgegeben werden. In einer gesunden Leber findet jedoch keine Gerinnungsaktivität statt. Bei Patient*innen mit schweren Lebererkrankungen kann es zu einem Gallenstau kommen, bei dem sich Gallensäuren im Lebergewebe ansammeln. Diese Patient*innen können sowohl Blutungen als auch Thrombosen in anderen Körperregionen entwickeln, da die Balance des Blutgerinnungssystems aufgrund der beeinträchtigten Synthesefunktion gestört ist. Besonders wichtig ist die Möglichkeit einer Gerinnungsaktivierung innerhalb der Leber, die zur Bildung von Fibrin führt, dem körpereigenen "Klebstoff" zur Wundverschlussbildung.
Es wurde bereits festgestellt, dass Patient*innen mit chronischem Gallenstau Fibrinablagerungen im Lebergewebe aufweisen, die die Entstehung von Fibrosen begünstigen, die letztendlich zur Zirrhose der Leber führen können. Bisher war jedoch unklar, welche Faktoren die Blutgerinnung bei einem Gallenstau auslösen. Die Forscher*innen um Axel Schlagenhauf haben herausgefunden, dass eine Anhäufung bestimmter Gallensäuren im Lebergewebe eine Signalkaskade in den Leberzellen auslöst, die eine Aktivierung der Blutgerinnung verursachen kann, ohne dass die Gallensäuren direkt mit den Gerinnungsfaktoren in Kontakt kommen. In weiterführenden Studien wird nun der genaue Mechanismus der Wechselwirkung von Gallensäuren mit der Blutgerinnung in der Leber untersucht. Das Projekt kombiniert etablierte molekularbiologische und enzymkinetische Methoden mit speziellen Gerinnungsanalysen, die an der Med Uni Graz entwickelt wurden, um die Signaltransduktionsprozesse zu erforschen, die diese Gerinnungsaktivierung verursachen.
Das Projekt legt die Grundlage für zukünftige therapeutische Ansätze, um die Bildung von Fibrinablagerungen in der Leber bei Patient*innen mit chronischem Gallenstau zu verhindern und so das Fortschreiten der Erkrankung zu verlangsamen.